Montag, 21. August 2023

Briefe an einen Unbekannten -10-

Eine große Überraschung

Lieber Opa,

Du wirst es nicht fassen, was ich Dir heute zu erzählen habe! Ich sehe Dich dort oben sitzen und staunen – auf Wolke unendlich (Du bist doch schon soo lange unterwegs). Es ist mir nicht mehr möglich, Dir alles der Reihenfolge nach zu berichten, denn die Forschungen, die meine Freundin M. N. anstellt, kommen Deinem Arbeitgeber Robert Nacke immer näher. Ja, ich möchte wirklich sagen, dass wir über unsere gemeinsamen Forschungen zu Freundinnen geworden sind. Besucht hat sie mich auch schon, aber das erzähle ich Dir in einem anderen Brief.

Nun zu den neuesten Ergebnissen: M. N. hat eine Enkelin Deines damaligen Arbeitgebers Nacke in Österreich ausfindig gemacht. Dieser Enkelin schrieb M. N. einen Brief, nicht wissend, ob Frau Nacke ihn noch verstehen oder ihn gar würde beantworten können. Wie sehr war sie überrascht, als bald darauf eine Antwort kam. 

 


Handgeschrieben, denn Frau Nacke ist eine betagte Dame. Sie muss positiv überrascht gewesen sein. Sie schrieb, sie freue sich über das zukünftige Gedenken an ihren Großvater und seine großen Leistungen in seinem Leben. M. N. will nämlich zur 800-Jahr-Feier des Ortes Altenhagen im Jahr 2023 eine Ausstellung zusammenstellen. Schließlich gehört der Langenhof zur Urzelle des Dorfes. Frau Nacke zeigte sich sehr bewegt und schrieb, sie habe vieles auf dem Herzen und auch Fragen. Sie war die Letzte in der Familie, die auf dem Langenhof gelebt und gearbeitet hat. Nun muss ich erstmal rechnen. Sie schrieb, dass sie fast 90 Jahre alt sei. Demnach ist sie Anfang der 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts geboren. Du hattest den Hof 1911 verlassen, hast sie folglich nicht kennenlernen können. Aber ich vermute, dass Du ihren Vater gekannt hast. Er war der jüngste Sohn Deines Arbeitgebers und dieser hieß Heinz. Auf einem Foto in Deinem Album ist er zu sehen, da bin ich ganz sicher. 

 

Denn er ist der einzige Junge auf dem Bild und steht neben Robert Nacke. 

Dessen Enkelin – die Briefschreiberin – hält noch heute die vielen Preise und Münzen ihres Großvaters in Ehren. Sie ist auch noch im Besitz der vielen beeindruckenden Nachrufe aus den verschiedenen Regionalzeitungen. Die Familie Nacke, also Dein Arbeitgeber Robert, seine Frau Anna und deren Sohn Heinz wurden damals auf dem Privatgelände bestattet. Heute befindet sich das Grab ganz nahe dem Friedhof, der nach dem Abriss der Hofgebäude auf dem von der Stadt Bielefeld erworbenen Gelände angelegt wurde. Die Briefschreiberin hat an der Stelle der sterblichen Überreste der Familie einen neuen Grabstein aufstellen lassen. Sie wünscht, mit M. N. zu telefonieren, um zu erfragen, was sie ihr noch zur Verfügung stellen könne.

Und nun kommt die für mich wichtigste Frage im Postskriptum: „Was ist es nur für ein Album aus Opas Nachlass?“

 

Frau Nacke weiß noch nicht oder hat noch nicht durchschaut, was Du mit der ganzen Geschichte zu tun hast. M. N. wird es ihr noch erklären müssen. Oder ob ich Frau Nacke auch einen Brief schreibe? Kannst Du verstehen, dass ich ganz aufgeregt bin? Ich könnte vielleicht noch mehr über den Hof erfahren, auf dem Du zwei Jahre verbracht hast.

Für heute einen lieben Gruß und bis bald!

Deine Enkelin Ulrike

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