Montag, 28. Juni 2021

Spielen in den 50er- und 60er-Jahren - Teil 2

Heute möchte ich von meiner eigenen Kindheit und unseren Spielgewohnheiten erzählen, dabei Bezug nehmen auf die Textpassagen aus der im letzten Post vorgestellten Zeitschrift von 1958.

Es scheint tatsächlich so zu sein, dass mein Bruder und ich für ein Foto animiert wurden, unser gesamtes Spielzeug auf dem Fußboden zu arrangieren. Lustig!

Ich kann gar nicht anders, als dieses anzunehmen. Zum Vergleich hole ich nochmal das Foto aus der Zeitschrift dazu:


 

Dabei scheinen wir (oder unsere Eltern, die ja unser Vorbild waren) mehr Wert auf eine ansprechende Ordnung unserer Sachen gelegt zu haben, als es in der Zeitschrift der Fall war: Bei uns wurden die Autos alle vorne arrangiert, die Puppen eher im Hintergrund. Meinen Puppen bin ich bei der Räumaktion unseres Elternhauses leider nicht noch ein letztes Mal begegnet. Das ist einem kleinen Missgeschick zu verdanken, von dem ich später noch erzählen möchte.

Schulkinder spielen gerne mit wirklichkeitsgetreuem Spielzeug.


Wo finde ich diese Aussage bei meinem Spielzeug bestätigt? Da war doch mal ... jaa! Ein Puppenherd. Ihn fand ich in der hintersten Ecke des Dachbodens in einem Karton. Inklusive Kochbüchlein mit todlangweiligen Dr.-Oetker-Rezepten. Ich nahm dieses Büchlein mit nach Hause und dachte, ich würde doch dies und das vielleicht mal ausprobieren wollen. Aber nach dem Lesen von nur drei Rezepten war mir klar: Das kann gar nicht schmecken! Es waren so einfältige Zusammensetzungen von Zutaten, dass man nicht einmal Fantasie brauchte, um sich vorzustellen, dass das Ergebnis nicht schmecken würde.


 

Ob ich damals auf diesem Herd etwas gekocht habe? - Ja, ich erinnere mich noch, dass ich eine kleine Guglhupfform hatte, die genau in den Backofen passte. Dazu gab mir meine Mutter beim Backen ihres großen Kuchens einen Löffel Teig ab und der wurde dann tatsächlich im Puppenherd gebacken. Ob er gelungen ist? Das habe ich vergessen. Hätte ich einen richtigen kleinen Puppenkuchen aus dem Ofenrohr gezogen, hätte ich meine Begeisterung vermutlich nicht vergessen. Also hat's wohl eher nicht geklappt.

Viel lieber hätte ich wohl beim richtigen Backen mitgemacht, aber das wurde nur sehr eingeschränkt erlaubt. Kinder machen so viel schmutzig und können sich bei solchen Tätigkeiten verletzen. Ja ... Ängstlichkeit regierte meine Kindheit! So sieht man dem Herd den Gebrauch auch kaum an. Große Freude scheine ich damit auch nicht gehabt zu haben.Ich erinnere mich nur ganz schwach daran, dass ich in zwei kleinen Töpfen Wasser erhitzt habe. Nicht ohne Warnhinweise meiner Mutter selbstverständlich!

Kleine Mädchen, die auf den massiven Herden ihrer Puppenküchen kochen, Babypuppen baden oder Waren im Kaufmannsladen verkaufen, wollen dazu echten Zucker, Reis, Kakao, Seife, Zahnpasta oder Hautcreme. 

Genau - echte Zutaten wie im echten Leben! Oder unechte Zutaten, die man mit Fantasie zu echten erklärte. Wie hier im Sandkasten bei meinem Opa:

 

Da spielte es überhaupt keine Rolle, dass ich den Sand nicht essen konnte, die Puppe konnte es doch!

Aber ich habe noch mehr solches naturgetreues Spielzeug auf dem Dachboden entdeckt. Den Namen Keimax* dieses kleinen Staubsaugers hatte ich völlig vergessen. Aber nicht den Geruch. Ich war fast enttäuscht, dass das Gerät ihn verloren hat, denn inzwischen riecht es mehr nach altem Dachboden als nach Elektrizität - wie damals. Oder dachte ich nur, es sei die Elektrizität, die daran roch? Der Staubsauger funktionierte jedenfalls - damals. Er war mit Batterie betrieben, war aber nur in der Lage, ganz leichte Fusseln aufzusaugen. Ja, da ist er jetzt gerade wieder - der Geruch. Im hintersten Geruchstübchen meines alten Gehirns. Gerüche scheinen sich dort ziemlich fest einzunisten.

Ob er heute noch funktionsfähig wäre, wollte ich gar nicht wissen. Mir war wichtiger, nach anderen Dingen zu schauen, so gab es immer nur Fotos zur Erinnerung.

*Keimax für maximale Keimbekämpfung? Irgendwas muss sich der Namengeber doch dabei gedacht haben ...

 


 
Beim Öffnen des Kartons mutierte ich wieder zum Kind. Darin lag nämlich ein kleines verlorenes Wesen und schaute mich mit sehnsüchtigen Augen an, als würde es sagen: Nein! dass du mich endlich wiedergefunden hast!
 
Diese Begegnung rührte  mich so sehr, dass das kleine Wesen - ein Mini-Koalabär von Steiff - sich unter das große Veluxfenster setzen musste, um die Restzeit der Hausentrümpelung zu überwachen. 



Die nächste Folge wird sich mit folgenden Inhalten befassen:

Auch die Puppenkleider müssen alle modischen Details besitzen und die Puppenmöbel dürfen sich – bis auf die Größe – nicht viel von richtigen Möbeln unterscheiden. Vor allem muss so eine kleine Puppenstube all die Einzelheiten eines großen Zimmers aufweisen: winzige Blumenstöcke und Beleuchtungskörper, Tischdecken, Teppiche, Vorhänge …

Heute - am 28. Juni 2021 - hat die endgültige Entrümpelung meines Elternhauses begonnen. Sie wird etwa eine Woche dauern. Wir haben das einer Firma überlassen. Es wäre für uns zu viel.  Das Feinsortieren hat von uns schon insgesamt mehr als 200 Stunden Arbeit gefordert. Und das Weitersortieren der mitgenommenen Dinge, Dokumente, Bilder, Briefe etc. wird noch ein Vielfaches an Zeit in Anspruch nehmen.

Eine Träne im Knopfloch ... aber auch das geht vorüber ...

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